Kind in Klassenzimmer schaut durch einen gebastalteten Papierrahmen, er die Form eines Tablets oder Fernsehers hat.

Kinderperspektiven auf Teilhabe

Porträtfoto von Friederike Siller
Prof. Dr. Friederike Siller
Porträtfoto von Marina Schubert
Marina Schubert
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Kinder sprechen über Teilhabe im Internet – Eine explorative Untersuchung

Kinder haben ein Recht auf Teilhabe, auch im digitalen Umfeld. Inwiefern Kinder dieses Recht wahrnehmen und wie sie in der Durchsetzung gestärkt werden können, haben Prof. Dr. Friederike Siller und Marina Schubert untersucht.

Reden wir über Kinder, die das Internet nutzen! Das erste Problem ist: Oft geht es nur darum, wie wir die Kinder vor Gefahren oder schädlichen Einflüssen schützen können. Wir reden über Jugendschutz, nicht aber über Jugendkompetenz und Jugendteilhabe. Wir stellen also zu selten oder nicht intensiv genug die Fragen: Was können Kinder mit Hilfe des Internets erreichen? Wie können sie sich informieren und wie können sie die Welt verändern? Wie können sie mit Hilfe von Internet und sozialen Medien ihre Ziele formulieren oder gar durchsetzen? Auch Kinder und Jugendliche haben das Recht, sich zu verwirklichen und zu beteiligen.

Wir stellen zu selten die Fragen: Was können Kinder mit Hilfe des Internets erreichen? Wie können sie die Welt verändern? Wie können sie mit Hilfe von Internet und sozialen Medien ihre Ziele formulieren oder gar durchsetzen? 

Das zweite Problem ist: Wir reden als Erwachsene über Kinder, aber wir fragen sie nicht. Jedenfalls tun wir dies als Gesellschaft und als Wissenschaft zu selten oder nicht konzentriert genug. Dies gilt jedenfalls, wenn und soweit es darum geht, was Kinder sich von Internet und sozialen Medien erhoffen und versprechen. Hier ist noch viel Arbeit zu leisten. Aber: Was sollten wir die Kinder im Hinblick auf ihre Teilhabe und das Internet fragen? An dieser Stelle geben wir einige Ideen, wie und worüber mit Kindern über Teilhabe in und mit digitalen Medien gesprochen werden kann. Wir haben einen Anfang gemacht und Kinder zu ihrem Medienhandeln und ihren Online-Erfahrungen mit Blick auf insbesondere soziale und digitale Teilhabe befragt.

Der Explorationsansatz

Werden Kinder nach ihren Rechten gefragt, so können sie in der Regel mehrere davon benennen. Diese sind vorwiegend positiv gerichtet, wie beispielsweise ihr Recht auf Bildung oder auf Unterhaltung (Kinderrechte-Index 2019, Kinderrechtereport 2019). Ein anderes Bild zeigt sich, wenn Kinder zu ihren Rechten im Online-Bereich befragt werden. Dort wiederum benennen Kinder eher Schutzrechte und stellen sie in den Vordergrund. Es fällt vielen Kindern leichter, über Online-Risiken und Gefahren im Netz zu sprechen als über die Chancen, die sich digital möglicherweise für sie ergeben (vgl. Third et al. 2017, 2014). Ein Erklärungsansatz hierfür ist, dass Kinder möglicherweise das wiedergeben, was sie von ihren Eltern, ihren Lehrkräften und anderen Erwachsenen über das Internet gehört haben.

Es ist aus der Forschung und aus der Praxis bekannt, dass Kinder digitale Medien mehrheitlich gerne und vielfach nutzen, etwa um zu spielen und zu lernen, sich zu informieren und sozial zu vernetzen, zu engagieren und teilzuhaben. Dies wurde von den Autorinnen zum Anlass genommen, um mit Kindern über ihr Recht auf Teilhabe im digitalen Raum ins Gespräch zu kommen:

  • Wie steht ihr Medienhandeln in Bezug zu ihrem Recht auf Teilhabe?
  • Wie sprechen Kinder über ihre Teilhaberechte im digitalen Umfeld?
  • Was ist ihnen wichtig? Was bereitet ihnen Sorgen?

Dieser Beitrag gibt einen Einblick in die Gespräche mit Kindern. In einer explorativen Untersuchung wurden Berichte von 22 Kindern im Alter von 10 bis 13 Jahren zu ihrem Medienhandeln und ihren Online-Erfahrungen mit Blick auf insbesondere soziale und digitale Teilhabe gesammelt [1]. Die Betrachtung der Altersgruppe von Kindern im Übergang zum Jugendalter ist aufgrund verschiedener Aspekte interessant, ist bislang aber noch vergleichsweise wenig in der Forschung beleuchtet worden: Der Besitz eigener Endgeräte nimmt zu (Medienpädagogischer Forschungsverbund 2018, S. 9, 15), sodass Kinder verstärkt selbstständig mit digitalen Medien handeln und ihr Handlungsrepertoire im Umgang mit digitalen Medien erweitern (Hasebrink/Lampert/Thiel 2020, S. 20).

Die Gespräche sind als Auftakt zu sehen. Manche Teilhabeaspekte kamen schnell in den Scheinwerfer, während andere Aspekte eher unbeleuchtet blieben. Beispielsweise haben sich die Autorinnen dazu entschieden, die rein schulischen Medien- und Lernnutzungen aufgrund der diesbezüglichen Dynamiken während der Coronapandemie eher unberücksichtigt zu lassen.

Schon diese wenigen Gespräche bringen eine Reihe von interessanten Aspekten zu Tage. Sie weisen uns auf Spannungslagen hin, etwa zwischen dem Wunsch nach Teilhabe einerseits und dem Druck zur Teilhabe andererseits. Und sie deuten Handlungsbedarfe an, etwa im Bereich des Zugangs zu und der Nutzung von kindgerechten Informationen und Nachrichten. Damit bieten sie einerseits eine Folie für weitere Forschung in diesem Feld und sie können andererseits Impulse für die Diskussionen rund um eine Stärkung der Kinderrechte im Internet, insbesondere des Rechts auf Teilhabe und Partizipation, geben.

Exploration

Im Einzelnen geht es um fünf Aspekte digitaler Teilhabe, die als zentral erachtet wurden, um zu erfahren, wie Kinder Teilhabe leben und welche Faktoren diese bedingen: 1. Zugangswege, 2. Unterstützung und Hilfestellung, 3. Mitmachen und Gestalten, 4. Resonanz und Feedback. Des Weiteren werden Aussagen der Kinder im Spannungsfeld von Teilhabewunsch und Teilhabedruck dargestellt (5.). Da zahlreiche Äußerungen der Kinder das Thema Desinformation im Internet beinhalteten, wird ein Blick auf diesen Themenkomplex gelegt (6.). Abschließend werden erste Folgerungen abgeleitet, mit denen die kindliche Perspektive in der Diskussion um Kinderrechte im digitalen Raum besser berücksichtigt werden kann.

1. Zugangswege – Videodienste im Vordergrund

Digitale Medien nehmen im alltäglichen Leben der befragten Kinder mehrheitlich eine bedeutsame Rolle ein. Kinder nutzen sie vornehmlich über die mobilen Devices Smartphone, Tablet oder Konsole. Fast alle Kinder verfügen über zahlreiche Erfahrungen im digitalen Kontext. Dabei handeln die Berichte der Kinder fast ausschließlich von Situationen oder Aktivitäten auf den großen sozialen Netzwerken, auf Videoplattformen und Streamingdiensten, in Multiplayer-Games oder Messengerdiensten.

Videoplattformen wie TikTok und YouTube werden von den Kindern für verschiedene Zwecke genutzt, und zwar sowohl, um sich zu unterhalten, als auch für die Suche nach Informationen und (politischen) Nachrichten. Um an neuen Content zu kommen, folgen die Kinder den Vorschlagslisten innerhalb eines Dienstes, also den algorithmenbasierten Entscheidungen der Anwendung (s. Aussagen 1 und 2 aus den Interviews). Des Weiteren orientieren sich die Kinder an den Creator*innen, also an den Personen, denen sie auf den Plattformen folgen (3).

Bei großen Diensten wie WhatsApp, TikTok oder Instagram geben die Kinder (meist mit elterlicher Unterstützung) ein falsches Alter an, um Zugang zu erhalten. Dies ist den Kindern, die diese Dienste nutzen, durchaus bewusst. Sie äußern in diesem Zusammenhang, dass sie eine Herabsetzung der Altersgrenzen wünschen, dies aber mit einer kindgerechteren und altersdifferenzierteren Ausgestaltung einhergehen sollte (4, 5, 6). Kinder, die diese Dienste nicht nutzen, sind dahingehend skeptischer und argumentieren eher für eine strengere Überprüfung der bestehenden Altersgrenzen.

2. Unterstützung, Hilfestellung – Hilf dir selbst, sonst helfen nur die Eltern (manchmal)

Oft berichten die befragten Kinder davon, dass sie sich autodidaktisch den Umgang mit digitalen Medien aneignen. Tutorials insbesondere auf YouTube helfen ihnen dabei (7, 8). Auch Freunde und ältere Geschwister sind von Bedeutung, um Hilfe bei konkreten Fragen oder Tipps zu bekommen.

Die Eltern werden insbesondere dann einbezogen, wenn es um deren generelle Zustimmung zur Nutzung einer App geht oder anderweitig eine elterliche Zustimmung verlangt wird, um einen Dienst technisch nutzen zu können. Daneben äußern sich viele Kinder dahingehend, dass ihre Eltern mit ihnen über Sicherheitsthemen sprechen, d.h., worauf sie im Internet achten sollen (9). Zudem gibt es einige Kinder, die ausführlich beschreiben, wie hilfreich und proaktiv ihre Eltern sind, um ihnen Sachen im Netz zu zeigen und zu erklären.

Eine unterstützende Rolle der Schulen beschreiben die Kinder eher weniger. Selten wird von Lehrkräften berichtet, die interessante Medienprojekte und Medienproduktionen mit den Kindern durchgeführt haben. Ist dies aber der Fall, wird es von den Kindern nicht nur sehr positiv bewertet, sondern auch stark zum Vorbild genommen. Daneben tauchen in den Berichten die Schulen insofern auf, als dass über Schutzaspekte informiert wird, wie etwa im Zusammenhang mit Cybermobbing [2].

Eine Regel gilt in fast allen Familien der befragten Kinder: Es erfolgt eine elterliche Regulierung der Mediennutzung ihrer Kinder über eine Festsetzung der Bildschirmzeiten. Dies wird oftmals technisch umgesetzt. Bezogen auf die Nutzung sozialer Netzwerke ist festzustellen, dass hier die Eltern meist eine grundlegende Entscheidung für oder gegen eine Anwendung wie etwa TikTok oder Instagram treffen. Sofern die Nutzung eines Dienstes erstmal erlaubt ist, bestehen eher wenige Regeln zur Nutzung dieses Dienstes. Eine Regel, die gleichwohl fast alle Kinder anführen, ist, dass sie in den sozialen Netzwerken ihr Gesicht nicht zeigen dürfen und ihre Stimme nicht zu hören sein darf.

3. Mitmachen und Gestalten – im digitalen Bauland

Die meisten Kinder haben eigene Projekte im digitalen Raum, die ihnen Spaß und Freude bereiten. Mehrere Kinder berichten begeistert davon, wie sie mit anderen zusammen Online-Medien produktiv nutzen. Dabei kommt insbesondere dem Bauen und Tüfteln in virtuellen (Spiele-)Welten Bedeutung zu (10). Weitere Online-Aktivitäten, die von den Kindern beschrieben werden, finden eher in sozialen Netzwerken statt. So berichten Kinder davon, wie sie eigene Videos, z.B. Tanzvideos oder Videos mit Basteltipps, erstellen und auf TikTok oder YouTube einstellen. Die Kinder, die sich dergestalt im Netz zeigen, beschränken fast ausnahmslos die Kontakte, die auf ihren Content zugreifen können (11, 15). Nur ein Kind berichtet davon, dass es einen öffentlichen Account hatte, diesen aber aufgrund zu großer Aufmerksamkeit für die Vlogs und kritischen Kommentaren aus der Followerschaft auf privat gestellt hat (12).

Einige Kinder äußern darüber hinaus Ideen, die sie gerne umsetzen würden (13). Die Gründe, die sie anführen, warum sie die Idee nicht umsetzen, rangieren von „zu jung dafür“ bis zu „bräuchte konkrete Unterstützung“ (14).

4. Resonanz und Feedback spüren – aber ohne Gesicht und Namen

Sowohl das Medienhandeln in virtuellen Spielewelten als auch in sozialen Medien wird von den Kindern als etwas beschrieben, worauf sie durchaus mit Stolz blicken. Die Frage, mit wem sie das Erarbeitete und Produzierte teilen, stellt sich insofern den Kindern unmittelbar. Eine Antwort darauf zu finden, fällt ihnen nicht leicht. Die Kinder wissen durchaus, dass im Netz ein potenziell großes Publikum auf sie warten könnte. Das Selbstproduzierte der eigenen Familie zu zeigen und dem engeren sozialen Umfeld, ist also nur eine Option für die Kinder. Dabei ist für die Kinder, die große soziale Medien nutzen, die Entscheidung ein durchaus schmaler Grat. Auf der einen Seite möchten sie sich einbringen und sich äußern. Auf der anderen Seite haben sie Sorge, sich dadurch angreifbar und verletzlich zu zeigen (15).

Die meisten Kinder verhalten sich zurückhaltend mit eigenen Posts oder Kommentaren (16). Das entspricht der elterlichen Vorgabe: Auch diese sind nach Angabe der Kinder besorgt. Viele verbieten es ihren Kindern, vornehmlich aus Misstrauen gegenüber den Plattformen, die die Kinder nutzen (17). Zusätzlich äußern mehrere Kinder die Sorge, dass Bilder (Screenshots) oder anderer Content von ihnen ungewollt weiter geteilt wird (18).

5. Teilhabewunsch und Teilhabedruck

Die meisten Kinder schildern zunächst einen eher unkomplizierten Umgang mit digitalen Medien, insbesondere mit ihrem Smartphone. Das Gerät wegzulegen, beschreiben wenige Kinder als für sie herausfordernd (19). Manche Kinder haben bewusst ihre Smartphones so eingerichtet, dass sie keine Push-Benachrichtigungen erhalten.

Konkret wollen aber doch die meisten der befragten Kinder regelmäßig wissen, was und worüber in den diversen Gruppenchats mit ihren Freunden und Peers etc. kommuniziert wird (20). Die Nutzer*innen sozialer Netzwerke beschreiben, wie ihre Aufmerksamkeit über die endlosen Videoempfehlungen aufrechterhalten wird (21, 22). Die Spieler*innen von Multiplayer-Games beschreiben, dass es ihnen schwerfällt, laufende Spiele zu unterbrechen oder zu beenden (23). Mehrfach beschreiben Kinder die Situation, dass die von den Eltern eingestellte Bildschirmzeit sie aus ihren digitalen Aktivitäten herausreißt. Sie monieren, dass dies insbesondere bei Games mit dem Spielverlauf kollidiert (24, 25).

Auf der einen Seite besteht der Wunsch und das Bedürfnis, dabei zu sein und dazuzugehören. Auf der anderen Seite empfinden Kinder oft eine Teilhabelast. Denn der Wunsch nach Zugehörigkeit zu der Gruppe kann mit einer Überlast an Content und Informationen einhergehen, derer sich manche der befragten Kinder schwer entziehen können. Auch dann, wenn sie bestimmte Dienste gar nicht nutzen, kann es zu Exklusions- und Ausgrenzungserfahrungen kommen (26). Diese Gegensätze führen zu einem Spannungsfeld.

6. Teilhabe und Desinformation

In den Interviews wurde nicht explizit nach Falschinformationen und Desinformation gefragt. Gleichwohl wurde dieses von den Kindern oft zur Sprache gebracht. Viele der befragten Kinder zeigten sich besorgt (29). Konkret brachten diejenigen Kinder dies zur Sprache, die soziale Netzwerkseiten auch zur Informationssuche bis hin zur politischen Nachrichtensuche nutzen (vgl. Zugangswege, unter 1.). Sie beschreiben insbesondere ihre Erfahrungen damit, wie sie auf Videoplattformen oder in sozialen Medien durch Titel oder Bilder eines Artikels oder Videos irregeleitet werden. Sie beschreiben ferner die Anstrengung, die es braucht, um gute von unseriösen Quellen zu unterscheiden (27, 28, 29).

Dabei unterscheiden sich die Strategien der Kinder in der Bewertung von Quellen und Nachrichten stark voneinander. Ein Teil der Kinder hat offenbar gute Wege, über diverse weitere Quellen weiter zu recherchieren, Eltern zu fragen usw. Demgegenüber weist der andere Teil der Kinder schwache Strategien auf (27, 30), Quellen und Nachrichten zu bewerten. Es bleibt bei einem vagen „Man sollte da ein Bauchgefühl haben“ (29).

Erste Folgerungen

Die Stimmen der Kinder sind Ausdruck dessen, wie selbstverständlich sie digitale Medien nutzen, um soziale Verbundenheit zu erleben, sich kreativ und gestalterisch mit der sie umgebenden Welt auseinanderzusetzen, Zugang zu Informationen und Nachrichten zu erhalten, Möglichkeitsräume zum Artikulieren ihrer Meinungen und Interessen zu finden und auszuprobieren und sich und andere zu unterhalten (vgl. auch Third et al. 2014). Kinder lernen anhand ihrer digital geprägten Erfahrungen dazu und entwickeln sich weiter.

Dabei sind sie entlang ihrer sich entwickelnden Fähigkeiten und Kompetenzen (Evolving Capacities) zu unterstützen. Kinder unterscheiden sich etwa im Alter, in ihrem Entwicklungsstand, in ihrer Persönlichkeit und in ihrer Lebenslage. Sie sind also nicht über einen Kamm zu scheren, wenn es darum geht, ein- und abzuschätzen, inwiefern sie vorbereitet und gut in der Lage sind, ihre Rechte auf Schutz, Befähigung oder Teilhabe wahrnehmen und ausüben zu können.

Viele der Angebote, die von den Kindern genutzt werden, sind nicht für sie entwickelt worden. Es ist nicht davon auszugehen, dass Anbieter dieser Angebote ein mehrdimensionales und graduelles Konzept zur Begleitung junger Menschen beim Aufwachsen anlegen.

Viele der Angebote, die von den Kindern genutzt werden, sind nicht für sie entwickelt worden. Es ist nicht davon auszugehen, dass von den Anbietern dieser Angebote ein im Sinne der Kinderrechte mehrdimensionales und graduelles Konzept zur Begleitung junger Menschen beim Aufwachsen angelegt wird. Seitens der Forschung ist näher zu bestimmen, inwiefern die Gründe für die Nutzung dieser Dienste in der mangelnden Bekanntheit von kindgerechten Angeboten liegen, ob Kinder auf den kindgerechteren Angeboten nicht das finden, was sie suchen oder sie schlicht teilhaben wollen an der Welt der Großen. Fakt ist, dass die momentane Situation viele Kinder vor Herausforderungen stellt, für deren Bewältigung ihnen die Strategien und Routinen fehlen.

Gerade beim Thema Falschnachrichten zeigt sich, wie wichtig eine altersangemessene, kindgerechte Sprache und Aufbereitung von Nachrichten ist. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, aber auch weitere Akteure halten hier qualitätsvolle Angebote für Kinder auf diversen digitalen Wegen bereit. Es bedarf einer neuen Anstrengung, Kindern Wege aufzuzeigen, wo gute Quellen sind und wie sie die Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit von Informationen und Nachrichten verifizieren können.

Auf der einen Seite wünschen Kinder sich Schutz der eigenen Persönlichkeit vor einer Veröffentlichung im Internet. Auf der anderen Seite haben sie den Wunsch, die Resonanz anderer für die eigenen Werke zu spüren – und damit eben auch auf den Plattformen zu agieren, auf denen die Content Creator*innen sind, denen die Kinder folgen.

Kinder springen ins kalte Wasser. Nach ihrer eigenen Wahrnehmung eignen sie sich selbst die nötigen Fertigkeiten an. Die Begleitung durch Erwachsene heben sie nicht als große Hilfe hervor. Gleichzeitig beschreiben Kinder Probleme und Interessenkonflikte. Auf der einen Seite wünschen sie sich Schutz der eigenen Persönlichkeit vor einer Veröffentlichung im Internet. Auf der anderen Seite haben sie den Wunsch, die Resonanz anderer für die eigenen Werke zu spüren – und damit eben auch auf den Plattformen zu agieren, auf denen die Content Creator*innen sind, denen die Kinder folgen. Damit sind auch die Kräfte zu bündeln, um aktive Teilnahme von Kindern zu fördern und nach Möglichkeiten zu suchen, ihnen dabei einen an ihrer Entwicklung orientierten Raum zu geben. Hier sind die Angebote aber dürftig. Dies ist ein Grund, weshalb die Kinder Plattformen nutzen, die für Erwachsene gedacht sind. Wie ihre Berichte zeigen, ist den Kindern eine aktive Rolle und Beteiligung wichtig. Um im besten Interesse der Kinder zu handeln ist es daher nötig, ihnen Lösungen zu bieten, mit denen sie sozial, kulturell, politisch und gesellschaftlich teilhaben können. Hier wird ein breites Angebot benötigt. Diese Aufgabe sollte nicht wenigen Plattformen überlassen werden.

Handlungsempfehlungen für eine Stärkung von Kinderrechten

Porträtfoto von Friederike Siller
Von Prof. Dr. Friederike Siller
Friederike Siller ist Professorin für Medienpädagogik und leitet das Institut für Medienpädagogik und Medienforschung der Technischen Hochschule Köln. Zuvor war sie Juniorprofessorin für Medienpädagogik an der Universität Mainz. Siller hatte die Leitung von fragFINN bei der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e.V. im Rahmen der Initiative „Ein Netz für Kinder“ der Bunderegierung inne und war nach Überführung von fragFINN in einen eingetragenen Verein dessen Geschäftsführerin. Seit 2019 ist Siller stv. Vorsitzende beim gemeinnützigen Seitenstark e.V. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Kindermedien, Medienkompetenz und medienpädagogische Kompetenz und Jugendmedienschutz. 
Porträtfoto von Marina Schubert
Von Marina Schubert
Marina Schubert ist wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Medienpädagogik und Medienforschung an der Technischen Hochschule Köln und absolviert ihren Master in Pädagogik und Management in der Sozialen Arbeit an der TH Köln. Sie erlangte ihren Bachelor in Erziehungswissenschaft an der Universität Duisburg-Essen und arbeitete 4 Jahre am Lehrstuhl für Lehr-/Lernpsychologie der Universität Duisburg-Essen, u.a. im Projekt CLIPSS (Classroom management in Primary and Secondary Schools).