Als Ausgangsbasis für weitere Dossierbeiträge soll im Folgenden ein kurzer Überblick zu den Rechten von Kindern im Sinne der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen gegeben werden. Zudem wird überblicksartig die Bedeutung von Digitalisierungsprozessen für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen umrissen.
Kinder haben Rechte. Festgeschrieben sind diese Rechte seit nunmehr über 30 Jahren in der UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK), die 1989 durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN) verabschiedet wurde. Seitdem wurde die Konvention weltweit von allen Staaten – bis auf die USA – ratifiziert. In Deutschland geschah dies im Jahr 1992. Damit besitzt die UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland aktuell den Rang eines einfachen Bundesgesetzes. Die UN-Kinderrechtskonvention ist die bisher größte Errungenschaft in Bezug auf die Rechtsstellung von Kindern in unserer Gesellschaft. Als Kind gilt laut UN-Kinderrechtskonvention jeder Mensch, der das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Eine der wichtigsten Grundannahmen der Konvention besteht darin, dass Kinder Träger eigener, unveräußerlicher Rechte sind. Diese begründen sich in der Anerkennung der Tatsache, dass Kinder besondere Bedürfnisse in Bezug auf ihre Förderung, ihren Schutz, ihre Mitbestimmung und ihre Entwicklung haben. Sowohl Staat als auch Eltern übernehmen Verantwortung für die Verwirklichung der Kinderrechte.
Vier Grundprinzipien liegen der UN-Kinderrechtskonvention zugrunde:
Die insgesamt 54 Artikel der UN-Kinderrechtskonvention lassen sich in drei Gruppen einteilen:
Seit der Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention im Jahr 1989 hat sich unsere Gesellschaft vielseitig verändert. Computer, Internet und digitale Technologien sind, anders als zum Zeitpunkt der Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention, nicht mehr aus unserem alltäglichen Leben wegzudenken. Wir leben heute in einer durch Digitalisierung geprägten Gesellschaft, das Internet ist zu einem bedeutenden Sozialraum geworden und unsere Kinder wachsen bereits von Geburt an in einer zutiefst von digitalen Medien geprägten Umgebung auf. Kindliche Lebenswelten im Jahr 2021 sind also auch digitale Lebenswelten, in denen das Internet zu einem selbstverständlichen und wichtigen Bestandteil geworden ist. Und es sind gerade die jungen Menschen, die weltweit digitale Medien am häufigsten für ihr Leben und ihr Lernen nutzen, etwa um sich zu informieren, sich zu vernetzen, zu spielen und sich zu unterhalten, ihre Meinung zu artikulieren und sich zu engagieren. Kinder und Jugendliche lernen die Welt also auch über digitale Medien kennen und sie wirken über digitale Medien in die Welt hinein.
Folglich erstreckt sich der Wirkungsbereich der Kinderrechte auch auf den digitalen Raum. Auch hier gelten Schutz-, Förder- und Beteiligungsrechte von Kindern und sind zu verwirklichen. Die Vereinten Nationen haben im März 2021 dafür die 25. Allgemeine Bemerkung des UN-Kinderrechtsausschusses veröffentlicht, um zu klären, wie Kinderrechte durch das Internet, mobile Technologien oder digitale Netzwerke befördert oder beeinträchtigt werden können. Die Bemerkung ist nicht rechtlich bindend, gibt den Staaten aber Hinweise für das Verständnis der UN-Kinderrechtskonvention und für die Umsetzung der darin verbrieften Rechte auch für den digitalen Raum. Es geht darum, Kinder in der digitalen Welt zu schützen und sie zu befähigen, kompetente, kreative und reflektierte Mediennutzer*innen zu sein. Es gilt, sie somit aktiv und gleichberechtigt an der Gestaltung ihrer Lebenswelt und an einer freien, vielfältigen, demokratischen Gesellschaft teilhaben zu lassen.
Teilhabe lässt sich jedoch immer seltener ohne digitale Technologien, Angebote und Dienste wahrnehmen. Es bedarf zunehmend digitaler Fähigkeiten. Dies gilt für Bereiche der Politik, Kultur und Bildung, gleichwie es für Formen der Unterhaltung, Information und Kommunikation gilt. Teilhabe in all diesen Bereichen funktioniert eben nicht mehr ohne Weiteres ohne Zugang zu digitalen Medien und ohne den Umgang damit zu beherrschen. Ein kompetenter Umgang mit digitalen Medien ist also mittlerweile eine Schlüsselkompetenz in unserer Gesellschaft.
Ein besonderes Augenmerk ist darauf zu richten, wie digitale Ungleichheiten und Benachteiligungen entstehen und welche Strategien eine Gesellschaft aufweisen kann, um diese abzubauen. So ist es beispielsweise von großer Bedeutung, dass junge Menschen digitale Medien als vielfältige, bedeutungsvolle Räume kennenlernen, etwa um an verlässliche Informationen zu gelangen, um sich kreativ und gestalterisch auszudrücken, um Sichtweisen zu artikulieren und Resonanz zu erfahren. Das Internet kann gerade für junge Menschen einen kraftvollen Möglichkeitsraum bilden, für soziale, kulturelle, politische und gesellschaftliche Teilhabe. Es kann Kindern (Frei-)Räume bieten, in denen sie verschiedene Beteiligungsformen ausprobieren und erkunden können. Doch nicht immer tut es das. Chancenorientierte Zugänge zu digitalen Medien bei jungen Menschen zu schaffen und verantwortungsbewusst zu gestalten, ist ein guter Weg, um mittels digitaler Medien das Recht von Kindern und Jugendlichen auf Bildung und Teilhabe umzusetzen. Denn die Nutzung digitaler Medien ist eine Kulturtechnik und sie ist ein Grundrecht, welches Kindern zusteht.